Grüner Wasserstoff statt Kohle aus Spanien

Grüner Wasserstoff statt Kohle aus Spanien

Spanien wird zu einer Art Vorreiter in Sachen grüner Wasserstoff, denn im Süden Europas entsteht die bislang größte Fabrik für klimafreundlich produzierten Wasserstoff. Die spanische Regierung in Madrid hat sich viel vorgenommen und dieser Ehrgeiz gilt auch für den Export. 250 Kilometer südlich der spanischen Hauptstadt liegt die Stadt Puertollano. Diese Region war jahrzehntelang von der Steinkohle geprägt, erst in den 1970er Jahren wurde das letzte verbliebene Bergwerk geschlossen. An die Stelle der Kohle traten Industrieanlagen, in denen chemische Produkte aus Erdgas herstellt wurden. Damit ist jetzt Schluss.

Keine fossilen Brennstoffe mehr

Puertollano will weg von den fossilen Brennstoffen und hin zum grünen Wasserstoff. In der spanischen Kleinstadt soll die größte Fabrik in Europa entstehen, die grünen Wasserstoff herstellt. Um dieses ehrgeizige Ziel zu erreichen, investiert das Energieunternehmen „Iberdrola“ allein für den ersten Schritt 150 Millionen Euro. Mit dieser Investition sollen in der nahen Zukunft rund 3000 Tonnen des grünen Wasserstoffs erzeugt werden. Um an den Start gehen zu können, wurden bereits 14 Gruppen von Solarpanels in eine Hügelkette nahe Puertollano gebaut. Dort wird auch der Prozess starten, sagt zumindest der Ingenieur Carlos Funez, der für „Iberdrola“ arbeitet.

Strom aus Sonnenlicht

Die Module in der Hügelkette nahe der Stadt Puertollano sind sogar in der Lage, das vom Boden reflektierte Licht zu nutzen, da die Rückseite der Panels ebenfalls lichtempfindlich ist. Die Zellen können bis zu 100 Megawattstunden Strom liefern, die sogenannten Pufferakkus speichern davon rund ein Fünftel. Ist die Sonne untergegangen, dann speist sie immer noch für einige Stunden Strom in eine unter der Erde liegende Leitung. Diese führt zu einem Industriegelände, was von einem kleinen Kraftwerk mit Solarstrom betrieben wird.

Das Herz der Anlage

Elf weiße, senkrecht stehende Tanks ganz am Rande des Industriegebietes – sie sind das eigentliche Herz der Anlage, denn in diese Tanks fließt der grüne Wasserstoff. 25 Meter hoch ist jeder der Tanks und sie haben einen Durchmesser von knapp drei Metern. Dort liegen unzählige Rohrleitungen und sogenannte Manometer. Die überwiegende Zahl der Leitungen kommt aus einem in Grün und Weiß gestrichenen Gebäude. Dort ist es sehr laut und dieser ohrenbetäubende Lärm hat einen Grund: 16 riesige Elektrolysezellen sind hier damit beschäftigt, aus Wasser und Sauerstoff Wasserstoff herzustellen. Das Ganze passiert durch den bis zu 20 Megawatt starken grünen Strom aus den Solarpanels in den Hügeln. Alles, was dort stattfindet, ist ein Weltrekord, da keine andere vergleichbare Anlage so leistungsfähig ist.

Ein großer Bedarf an Wasserstoff

Am Tag geht ein Teil dessen, was die Anlage an Strom produziert, ins Netz. Der Rest wird verdichtet und anschließend in den Tanks gespeichert. Auf diese Weise ist es ohne Probleme möglich, die Abnehmer selbst in der Nacht noch beliefern zu können. Der wichtigste Abnehmer in der Region ist „Fertiberia“, der größte Düngemittelhersteller in Spanien. Die Hallen, in denen der Dünger produziert wird, stehen in unmittelbarer Nähe zu der Anlage, in der der grüne Wasserstoff entsteht. Diese Anlage ist riesengroß, ebenso wie der tägliche Bedarf an Wasserstoff.

So spart grüner Wasserstoff CO2

In der Regel wird Wasserstoff aus Erdgas gewonnen und dieser Prozess nennt sich Dampfreformierung. Der Haken an dieser Form der Wasserstoffgewinnung ist, dass für die gleiche Menge Wasserstoff bei der Dampfreformierung, doppelt so viel Wasser wie bei einer Elektrolyseanlage benötigt wird. Zudem entsteht auf diese Weise eine große Menge Klimagas. Der grüne Wasserstoff ist dagegen deutlich umweltfreundlicher. Diese spezielle Form des Wasserstoffs spart zehn Tonnen Kohlendioxid pro eine Tonne Wasserstoff ein. Mit der neuen Anlage in Spanien werden jedes Jahr zwischen zehn und 30.000 Tonnen klimaschädliches CO2 vermieden.

Spanien ist weit vorne

Selbst wenn die Anlage in Puertollano die größte Anlage dieser Art in Europa ist, sie deckt nur zehn Prozent des Bedarfs der Düngemittelfabrik. Der spanische Ministerpräsident Pedro Sánchez ist aber trotzdem davon überzeugt, dass Spanien beim Thema grüner Wasserstoff ganz weit vorne mitspielen wird. Beim Thema Windkraft ist dies schon der Fall. Die kleine Stadt Puertollano soll jetzt das Paradebeispiel sein. Spanien hat viele Vorteile, was die Standorte angeht, etwa sehr viel Platz. Dazu kommt, dass Bürgerinitiativen gegen Solarkraftwerke oder Windkraftanlagen kaum ein Thema ist. Dies macht Spanien als Standort für die Herstellung von günstigem grünen Wasserstoff so interessant.

Fazit

Kann das Beispiel aus Spanien der chemischen Industrie in Deutschland helfen? Mittel- oder langfristig vielleicht. Spanien hat den Ehrgeiz, eine Art Saudi-Arabien des grünen Wasserstoffs zu werden. Damit dieser Wasserstoff auch exportiert werden kann, muss allerdings noch viel geschehen. So sind mehr und vor allem größere Anlagen erforderlich, denn aktuell rauscht nur eine eher geringe Menge von grünem Wasserstoff in die riesengroße Fabrik für Düngemittel im spanischen Puertollano.

Bild: @ depositphotos.com / Wirestock

Nadine Jäger
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