Luftfeuchtigkeit – die neue Möglichkeit für grünen Wasserstoff

Luftfeuchtigkeit - die neue Möglichkeit für grünen Wasserstoff

Kann Wasserspaltung auch in der staubtrockenen Wüste gelingen? Mit einem neuen Elektrolyse-System ist so etwas in Zukunft möglich. Forschern ist es gelungen, nur mit der Hilfe der Luftfeuchtigkeit grünen Wasserstoff zu erzeugen, und zwar ganz ohne flüssiges Wasser. „Direct-Air-Elektrolyse“ nennt sich dieses neue Verfahren, bei dem Wasserdampf aus der Luft absorbiert und danach elektrochemisch in Sauerstoff und Wasserstoff gespalten wird. Der Strom für diesen Vorgang wird von Windrädern und Solarzellen geliefert.

Was macht das neue System so besonders?

Grüner Wasserstoff gilt als einer der wichtigsten Faktoren für eine Energiewende. Dieser Wasserstoff kann als Rohstoff ebenso wie als Kraftstoff verwendet werden, beispielsweise für Autos, Flugzeuge oder Züge. Er dient zudem als chemischer Speicher für Energie, wenn ein Überschuss an Strom aus Fotovoltaik und Wind vorhanden ist. Im besten Fall wird das geruchs- und farblose Gas mit der Hilfe einer sogenannten Elektrolyse gewonnen. Dabei handelt es sich um die elektrochemische Spaltung von Wasserstoff und Sauerstoff. Bei grünem Wasserstoff wird der Strom, der für diese Spaltung erforderlich ist, aus Sonnenenergie und Wind gewonnen. Das notwendige Wasser sollte im Idealfall Süßwasser sein, es gibt aber bereits Anlagen, die mit Meerwasser funktionieren.

Feuchtigkeit aus der Luft – die neue Wasserquelle

Ein Standort kann mit viel Sonne und Wind ausgestattet sein, um grünen Wasserstoff zu erzeugen, falls jedoch das Wasser fehlt, nützt das Ganze nichts. Auf den meisten Kontinenten gibt es ein reiches Potenzial an Wind- und Sonnenenergie, was dort aber fehlt, ist das notwendige Wasser. In Gebieten, die unter Wassermangel leiden, wird dieser Mangel noch verschärft. Den Menschen, die dort leben, würde zudem die Lebensgrundlage entzogen.

Wie kann es trotzdem gelingen, mit wenig Wasser grünen Wasserstoff zu gewinnen? Die Wissenschaftler der Universität im australischen Melbourne haben sich über dieses Problem Gedanken gemacht. Sie sind zu einer Lösung gekommen: Sie ziehen einfach die Feuchtigkeit aus der Luft, denn selbst in den Trockenregionen dieser Welt ist immer Feuchtigkeit in der Luft. Diese Ressource wollen die Forscher jetzt nutzen.

Die Luft ist überall feucht

Die Sahelzone gehört zu den trockensten Gebieten dieser Erde, aber selbst dort ist es möglich, grünen Wasserstoff zu erzeugen. Die relative Luftfeuchtigkeit beträgt dort im Schnitt 20 Prozent. Am „Uluru“, dem heiligen Berg der australischen Ureinwohner in der zentralen Wüste des Kontinents, sind es sogar 21 Prozent Luftfeuchtigkeit. Dies hat die Forscher aus Melbourne auf die Idee gebracht, aus Luftfeuchtigkeit grünen Wasserstoff zu gewinnen. Sie haben ein neues Elektrolyse-System entwickelt, was, statt flüssigem Wasser, die Feuchtigkeit aus der Luft nutzt. Selbst in sehr trockenen Gebieten mit nur maximal vier Prozent Luftfeuchtigkeit ist es noch möglich, grünen Wasserstoff zu erzeugen.

Wie funktioniert das neue System?

Das in Australien entwickelte System besteht aus zwei Platinelektroden, die die Form eines Gitters haben. Diese beiden Elektroden sind jeweils mit einem Auffangbehälter für Gas verbunden. Zwischen den Elektrodenplatten befindet sich ein dicker Block aus Glaswolle, der Ähnlichkeit mit einem Schwamm hat und mit einem flüssigen Elektrolyt getränkt wurde. Das Besondere daran ist: Der Elektrolyt hat eine wasseranziehende Wirkung und kann daher die Feuchtigkeit aus der Luft praktisch aufsaugen und absorbieren. Auf diese Weise wird die notwendige Feuchtigkeit geliefert, die für die Wasserspaltung nötig ist.

In einem Test wurde Schwefelsäure als Absorber-Elektrolyt verwendet. Möglich ist dazu noch Kalilauge, die noch eine bessere Absorption verspricht. Leider reagiert sie mit dem Kohlendioxid der Luft, was vorher noch herausgefiltert werden müsste. Für den Strom sorgt ein Solarmodul, welches direkt mit dem System verbunden wird. Eine Alternative hierzu ist noch Windkraft.

Ein gutes Ergebnis

Die Forscher wollten wissen, wie sich das neue System in der Praxis bewährt und haben einen Test über zwölf Tage gemacht. Das System wurde im Freien aufgestellt, und zwar bei einer relativen Luftfeuchtigkeit zwischen 20 und 40 Prozent. Aufgezeichnet wurde neben der Dauer des Sonnenscheins noch die Zufuhr an Solarstrom und die produzierte Menge an Wasserstoff. Das Ergebnis kann sich sehen lassen: An einem sonnigen Tag erhielt das Modul von seinen Solarzellen ausreichend Strom, um 168 Milliliter Wasserstoff in einer Stunde zu produzieren. Auf den Tag gerechnet kamen auf diese Weise knapp 1,50 Liter zusammen. Selbst an einem nicht so sonnigen Tag mit einer deutlich geringeren Sonnenausbeute kamen immerhin noch 1,20 Liter grüner Wasserstoff zusammen.

Fazit

Die „Direct-Air-Elektrolyse“, kurz DAE, bietet ganz neue Möglichkeiten, um grünen Wasserstoff zu erzeugen. Das Besondere an diesem System ist, dass es ohne flüssiges Wasser auskommt, sondern nur die in der Luft vorhandene Feuchtigkeit nutzt. Bei Versuchen mit der Schwefelsäure funktionierte das System sogar bis hinunter zu einer Luftfeuchtigkeit von nur noch vier Prozent. Dies bedeutet, dass DAE praktisch überall auf der Welt eingesetzt werden kann, selbst in Regionen, in denen es sehr trocken ist.

Bild: @ depositphotos.com / NewAfrica

Nadine Jäger
Letzte Artikel von Nadine Jäger (Alle anzeigen)