So will die EU den Wasserstoff aufwerten

So will die EU den Wasserstoff aufwerten

Das EU-Parlament will mit einem neuen Gesetz die Definition „grüner Wasserstoff“ aufwerten, da er zu den Klimazielen beiträgt. Die EU will zudem eine wichtige Vorschrift ändern, welche die Wirtschaft rund um den Wasserstoff noch stark ausbremst.

Ein Antrag aus Deutschland

Der Antrag kam vom deutschen Abgeordneten Markus Pieper (CDU). Daraufhin beschloss das EU-Parlament, dass der Strom, der für die Produktion des grünen Wasserstoffs benötigt wird, aus dem normalen Stromnetz kommt. Eigene Anlagen müssen für die Stromerzeugung nicht gebaut werden. Umweltschützer und Aktivisten waren darüber allerdings bestürzt, dass die EU so etwas überhaupt zugelassen hat. Pieper zeigte sich erleichtert und meinte, dass die Entscheidung ein sehr guter Tag für die Energiewende in Europa ist. Dass er überhaupt eine Mehrheit für seinen Antrag bekommen würde, war nicht klar, da die EU-Kommission noch bis zuletzt gerne eine andere Lösung durchgesetzt hätte.

Eine Sache der Definition

Noch im Frühjahr hatte das EU-Parlament eine enge Definition beschlossen, wann, und unter welchen Umständen Wasserstoff sich „grüner Wasserstoff“ nennen darf, und damit auch erneuerbar sein muss. Nach dieser Definition muss der für die Produktion des Wasserstoffs erforderliche Strom entweder aus Windkraft erzeugt werden oder aus Sonnenkraftanlagen kommen. Weiterhin muss gewährleistet sein, dass alles exakt in derselben Stunde wie der Wasserstoff produziert wurde. Die Regel sah vor, dass die Produzenten von Wasserstoff eigens für die Herstellung Solarkraftwerke und Windparks errichten müssen, damit sie nicht ans Stromnetz angebunden werden. Der Strom sollte nur für die Herstellung des Wasserstoffs genutzt werden.

Die Mitglieder müssen noch zustimmen

Strom, der aus dem Netz kommt, darf in der Regel nur dann zeitlich begrenzt genutzt werden, wenn Strom im Überfluss vorhanden ist. Auf diese Weise lassen sich auch niedrige Strompreise erzielen. Diese Regelung aus dem Rechtsakt der EU-Kommission möchte das EU-Parlament jetzt aber im Rahmen der sogenannten Erneuerbare-Energien-Richtlinie ersetzen. Damit dies aber passieren kann, müssen die Mitgliedsstaaten der EU noch zustimmen. In dem jetzt gefassten Beschluss heißt es, dass alle Hersteller von Wasserstoff innerhalb von einem Quartal stets nachweisen können, dass sie auch ausreichend „grünen Wasserstoff“ eingekauft haben.

Ein unterschiedliches Herangehen

Nach einem ganz ähnlichen Prinzip funktionieren auch die Tarife für den Ökostrom, den die Verbraucher beziehen. Sie bekommen den Strom aus dem Netz, aber sie stellen in einem Vertrag zugleich sicher, dass die gleiche Menge an Ökostrom an einer anderen Stelle produziert wird. Das Ganze wird über bestimmte Zertifikate organisiert. Damit soll sichergestellt werden, dass jede Megawattstunde „grüner Strom“ nur für den Verbraucher und nicht für andere Zwecke verwendet wird. Jetzt treffen aber zwei ganz unterschiedliche Herangehensweisen aufeinander. Viele Vertreter der Wirtschaft sind an einem sogenannten schnellen Hochlauf sehr interessiert. Auf der anderen Seite möchten Umweltschützer aber verhindern, dass die Produktion von Wasserstoff die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen wie Gas oder Kohle noch verstärkt.

Die Umweltschützer warnen

Die Aktivisten und Umweltschützer warnen davor, diese Zertifikate für den Ökostrom in der Wasserstoffwirtschaft anzuwenden. Wird der Beschluss des EU-Parlaments zu verbindlichem Recht, dann kann in der Zukunft nicht mehr garantiert werden, dass Wasserstoff, der als erneuerbar bezeichnet wird, tatsächlich nur mit der Hilfe von Sonne und Wind produziert wurde. Die Pflichten für die Nachweise sind nach Ansicht der Umweltschützer viel zu allgemein gehalten. So besteht immer die Gefahr, dass mit der Herstellung von Wasserstoff bestehende Engpässe im Netz noch weiter verschärft werden. Zudem würden die Treibhausemissionen weiter erhöht und nicht reduziert, wie erhofft. Die Grünen sprechen sogar von einem Selbstbetrug. Sie werfen den Konservativen vor, Kohle und Gas für die Produktion von grünem Wasserstoff zu verwenden.

Investitionen lohnen sich nicht

Obwohl noch diskutiert wird, gehe es nach Ansicht von Pieper jetzt darum, zuerst die Lieferketten für den Wasserstoff aufzubauen. Damit soll eine Elektrolyse möglich sein, die mit viel Strom Wasser und Sauerstoff in Wasserstoff verwandelt. Dafür braucht es einen Schub für die Elektrolyse und zudem für die vielen Start-ups in ganz Europa, die zum technischen Fortschritt im Bereich Wasserstoff beitragen. Ein weiteres, wichtiges Problem steht dabei noch im Hintergrund: Wenn es keine Abnehmer für den Wasserstoff gibt, lohnen sich die Investitionen in eine Elektrolyse so gut wie gar nicht. Auf die Herstellung von Wasserstoff umzusteigen, lohnt sich aber wiederum nur, wenn ausreichend Wasserstoff verfügbar ist.

Fazit

Offenbar ist es noch ein sehr langer Weg, um dieses Problem anzugehen und es vor allen Dingen zu lösen. Ursula von der Leyen, die Präsidentin der Kommission, schlug bei einer Grundsatzrede vor, eine „europäische Wasserstoffbank“ zu gründen. Diese Bank soll mit drei Milliarden Euro den Aufbau von Lieferketten fördern. Vorbild ist die noch von der Merkel-Regierung initiierte Stiftung „H2 Global“. Über diese Stiftung werden dem Bund mehrere Milliarden Euro für den Ankauf von Wasserstoff zur Verfügung gestellt.

Bild: @ depositphotos.com / myronstandret

Nadine Jäger
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