Schwerlastverkehr mit Wasserstoff geht in Serie

Schwerlastverkehr mit Wasserstoff geht in Serie

In naher Zukunft sollen nicht nur Autos mit Wasserstoff statt mit Benzin oder Diesel fahren, auch LKWs stehen im Fokus, wenn es um die Brennstoffzellen geht. Sie bieten die Möglichkeit, den Schwerlastverkehr zu entkarbonisieren und die LKWs mit grünem Wasserstoff auf die Straße zu bringen. Clean Logistics will diese Option bereits ab dem kommenden Jahr anbieten. Das Unternehmen hat mit der Zugmaschine „Fyuriant“ schon ein brennstoff-elektrisch betriebenes Modell vorgestellt.

Sauber unterwegs

An rund sechs Prozent der CO2-Emissionen in der Europäischen Union ist der Schwerlastverkehr schuld. Dabei handelt es sich um schädliches Kohlendioxid, was besonders bei der Verbrennung von Dieselkraftstoff freigesetzt wird. Europa ist von Valencia bis Bergen und von Paris bis Warschau vom zuverlässigen Einsatz des Schwerlastverkehrs abhängig. Anders als beim PKW gibt es für den LKW so gut wie keine Alternativen zu den fossilen Brennstoffen. Sicher gibt es Prototypen und auch Fahrzeuge, die allein zu Forschungszwecken gebaut wurden, aber konkrete Initiativen und Großprojekte, die in Serien gehen könnten, sind hingegen rar. Daher war auch das Erstaunen groß, als der Systemanbieter GP Joule eine Ankündigung machte: In Zusammenarbeit mit Clean Logistics werde man von 2023 bis 2027 an Speditionen 5000 Zugmaschinen ausliefern, die mit grünem Wasserstoff fahren.

Die Welt der LKWs ist klein

Wer schon einmal auf der Autobahn zwischen zwei LKWs im Stau gestanden hat, wird den Eindruck bekommen, dass es sehr viele LKWs gibt. Dieser Eindruck täuscht, denn streng genommen ist die Welt der schweren Lastkraftwagen eigentlich sehr klein. Im laufenden Jahr, inklusive Juli, wurden laut Kraftfahrtbundesamt 19.706 sogenannte Sattelzugmaschinen in Deutschland zugelassen. 6509, also gut ein Drittel, stammen aus dem Hause Daimler. 3686 Fahrzeuge wurden von der Firma DAF zugelassen und 3438 von MAN. Scania, ein Unternehmen, was zu Volkswagen gehört, meldete 1851 LKW an und bei Volvo waren es 2667. Die EU sieht vor, dass bis zum Jahr 2030 die Grenzwerte der LKW-Flotten, in Bezug auf die CO2-Emissionen, um 30 Prozent sinken müssen. Dieses Ziel wird aber nicht mit ausschließlich effizienteren Dieselmotoren möglich sein. Ist grüner Wasserstoff hier wirklich die Lösung?

Viel Wasserstoff für einen LKW

5000 LKWs, die mit grünem Wasserstoff fahren, sind eine große Zahl, aber wie soll das Ganze funktionieren? Clean Logistics hat erst im Juni dieses Jahres den LKW-Hersteller GINAF Trucks aus den Niederlanden übernommen. Dort werden praktisch die „Rohlinge“ für die LKWs hergestellt. In Anschluss baut Clean Logistics in diese Rohfahrzeuge einen eigenen Antriebsstrang ein. Je nachdem, wie die Anforderungen aussehen, werden Brennstoffzellen entweder mit 120 oder mit 240 kW montiert. Das Besondere des Prototyps „Fyuriant“ ist aber die elektrische Achse, die einen Radnabenantrieb hat. 40 Kilogramm Wasserstoff pro Zugmaschine werden in konventionellen 350-bar-Tanks gespeichert. Für die sogenannte Rekuperation sowie die starke Leistungsabfrage sind als eine Art Puffer zusätzlich noch Lithium-Ionen-Batterien eingebaut.

Strom aus Windkraft

Die Initiative liegt eigentlich bei GP Joule. Das Unternehmen aus Norddeutschland hat sich in der Vergangenheit einen guten Namen als Projektpartner für Ladeinfrastruktur gemacht. Heute verknüpft der Systemanbieter die Herstellung von Strom aus regenerativen Energien, was in Schleswig-Holstein immer Windkraft bedeutet, mit einer Lade- und einer Wasserstoffinfrastruktur. Eine für das Unternehmen typische Umsetzung eines Projekts ist die „e-Farm“. Dabei handelt es sich um einen Windpark, eine Elektrolyse zur Produktion von Wasserstoff und eine Tankstelle. Die Linienbusse von Toyota und auch der „Nexo“, ein PKW aus dem Hause Hyundai, können dort Energie zapfen. Der Wasserstoff, den GP Joule anbietet, ist also nie grau, sondern immer grün.

Eine Chance für die Spediteure

Spediteure, die auf grünen Wasserstoff für ihre LKW umsteigen wollen, können das mit der Hilfe von GP Joule. Unternehmen, die bereits in die neuen LKWs investiert haben, bekommen auf Wunsch sogar eine eigene H2-Tankstelle auf ihrem Betriebsgelände. Dieses Angebot ist für Lastkraftwagen, die mit Diesel fahren, eigentlich nicht üblich. Der Nachholbedarf ist auf jeden Fall sehr groß. Aktuell gibt es in ganz Deutschland nur 13 Säulen, wo die LKWs Wasserstoff tanken können. Bis zum Ende des Jahres sollen 14 weitere Tankstellen dazukommen. Trotzdem sind die Zahlen verschwindend gering, denn in ganz Westeuropa gibt es nur an 56 Zapfsäulen Wasserstoff für die Wagen, die im Schwerlastverkehr unterwegs sind. Trotzdem ist die Stimmung in der Branche gut, denn unter den Spediteuren wird die Brennstoffzelle für die langen Strecken favorisiert.

Fazit

Bei den Autoherstellern schaut man, was den Wasserstoff-LKW angeht, beruhigt in die Zukunft. Da gibt es Hersteller wie Mercedes, Volvo oder Hyundai, die bei ihren Fahrzeugen sowohl auf die Batterie als auch auf die Brennstoffzellen setzen. Zum anderen gibt es TRATON SE mit MAN und Scania, die sich auf die Batterie verlassen, die Brennstoffzelle für die Zukunft jedoch nicht ganz ausschließen wollen.

Bild: @ depositphotos.com / Scharfsinn

Ulrike Dietz