Das Zukunftsversprechen Wasserstoff und die kritischen Stimmen

Das Zukunftsversprechen Wasserstoff und die kritischen Stimmen

Für viele ist Wasserstoff der Energieträger für die Zukunft schlechthin. Neue Studien sehen das Zukunftsversprechen Wasserstoff aber eher kritisch. Sie bescheinigen dem Wasserstoff eine klimafreundliche Anwendung, aber die Umsetzung ist nicht nur sehr teuer, sondern auch energieaufwendig. Dies macht das Zukunftsversprechen Wasserstoff relativ ineffizient, besonders in Bezug auf den Verkehrssektor. Kann Wasserstoff halten, was viele sich von ihm versprechen oder ist es tatsächlich so, dass Wasserstoff so etwas wie der „Champagner der Energiewende“ ist?

Kritik der Experten

Geplant ist, dass Wasserstoff in der Zukunft vor allem im Individualverkehr eine wichtige Rolle spielen soll. So etwas ruft allerdings die Kritiker auf den Plan, für die Wasserstoff ein knapper und vor allen Dingen teurer Energieträger ist. Zwar ist das Zukunftsversprechen Wasserstoff nachhaltig und damit auch emissionsfrei, wenn dieser aus erneuerbaren Energien produziert wird, aber der Aufwand ist einfach zu hoch. Dies ist ein Grund, warum der grüne Wasserstoff so teuer ist. Die direkte Nutzung von Strom ist deutlich effizienter und dadurch auch günstiger. In sehr vielen Bereichen ist das möglich, wie beispielsweise bei der Gebäudewärme oder im Individualverkehr. Elektroautos sind hier ein gutes Beispiel.

Kritisch äußert sich sogar das Umweltbundesamt UBA. Im Vergleich mit einem E-Auto, was einen Gesamtwirkungsgrad von 75 Prozent hat, ist es wenig effizient, den aus Strom hergestellten Wasserstoff zu nutzen. Außerdem, so das UBA, ist es ökologisch wenig sinnvoll.

Die Infrastruktur fehlt

Immer wieder ein Kritikpunkt beim Zukunftsversprechen Wasserstoff ist die fehlende Infrastruktur, vor allem beim Transport des Wasserstoffs. Wenn H2O mit einem Schiff transportiert werden soll, muss der Wasserstoff eine flüssige Form haben. Dazu muss das Gas aber zuerst auf eine Temperatur von Minus 252 Grad° heruntergekühlt werden. Grundsätzlich ist das machbar, aber es kostet sehr viel Strom und Ressourcen, zudem muss dazu die Infrastruktur geändert werden. Eine energieeffiziente Alternative, um Wasserstoff von einem Ort zum anderen zu transportieren, wäre eine Pipeline. Um solche Pläne umzusetzen, braucht nicht nur Deutschland, sondern ganz Europa einen Wandel bei der Infrastruktur.

Zugleich müssten die Länder in Europa an einem Strang ziehen, was das Ganze noch schwieriger macht. Einigkeit in diesem Punkt zu erzielen, ist praktisch nicht möglich.

Macht Wasserstoff das Fliegen umweltschonender?

Für das Zukunftsversprechen Wasserstoff gibt es aber auch Bereiche, in denen die Nutzung des Wasserstoffs und seiner Folgeprodukte auf lange Sicht erforderlich ist, sagt zumindest das UBA. Die chemische Industrie, die Stahlindustrie, der Flug- und der Schiffsverkehr gehört zu diesen Bereichen. Hier spielen sowohl Wasserstoff als auch seine Folgeprodukte eine wichtige Rolle. Die sogenannten E-Fuels, also synthetisch hergestellte Kraftstoffe, sollten daher öffentlich gefördert werden. Das Fliegen und die Schifffahrt könnten in der nahen Zukunft deutlich klimaschonender werden, wenn sie, statt klassischem Kerosin, synthetisch hergestellten „Power-to-Liquid-Kraftstoff tanken würden.

Viel Aufwand

Der Herstellungsprozess der PtL-Kraftstoffe ist sehr einfach, aber nur mit großem Aufwand an Energie. Mittels Elektrolyse wird zuerst Wasserstoff in Sauerstoff und Wasserstoff aufgespalten. Dem so entstandenen Wasserstoff wird anschließend mit einem besonderen chemischen Verfahren CO2 zugesetzt, woraus dann der synthetische Kraftstoff entsteht. Entscheidend bei diesem Verfahren ist folgendes: Der Strom, der für die Elektrolyse zum Einsatz kommt, sollte nach Möglichkeit aus erneuerbaren Energien stammen. Auf diese Weise soll in Zukunft das grüne PtL-Kerosin für Flugzeuge entstehen. Dies hätte den großen Vorteil, dass diese Form von Kerosin schon heute bis zu 50 Prozent dem normalen Kraftstoff für Flugzeuge beigemischt werden kann.

Auf diese Weise wird kein Wandel bei der Infrastruktur gebraucht, was den Transport angeht, denn der Treibstoff kann wie fossiler Brennstoff transportiert werden.

Zu hohe Strommengen

Dieses Zukunftsversprechen Wasserstoff hat jedoch einen Haken: Bei der Herstellung von PtL-Kerosin wird, im Vergleich zur direkten Nutzung von elektrischem Strom, die fünffache Menge von erneuerbarer Energie benötigt. Daher ist sinnvoll, den synthetischen Kraftstoff in den Bereichen einzusetzen, wo elektrische Energie aktuell nicht infrage kommt, und zwar im See- und Luftverkehr. Der ineffiziente Einsatz von Wasserstoff und PtL-Kraftstoffen ist dort, wo es eine effiziente Alternative gibt, zum einen sehr teuer und verbraucht dazu noch wertvolle Ressourcen.

Fazit

Experten sehen im Zukunftsversprechen Wasserstoff im Moment zwei unterschiedliche Szenarien: Läuft es gut, dann wird man sich in den kommenden Jahren auf die Bereiche konzentrieren, in denen der Einsatz von Wasserstoff erforderlich ist. Im schlimmsten Fall aber, werden politisches Kapital und die begrenzten Geldmittel, die aktuell zur Verfügung stehen, in einer Vielzahl von sinnlosen Projekten verschwendet. Zu befürchten ist, so die Experten, dass sehr wahrscheinlich das letztere Szenario der Fall sein wird. Deutschland hat den Ehrgeiz, das Wasserstoffland Nummer eins zu werden und möchte die Technologie so schnell wie möglich voranbringen. Leider lassen sich damit nicht alle Probleme für die Zukunft lösen.

Bild: @ depositphotos.com / macrovector

Ulrike Dietz